Sonntag, 17. Mai 2015

Mit päpstlichem Segen – UNO »Nachhaltigkeitsinitiative« für eine neue Weltordnung

Dieser Artikel ist hier erschienen: Kopp Online


Die neue Nachhaltigkeits-Agenda befasst sich logischerweise in erster Linie mit dem Klimawandel, aber geht auch auf spezielle Themen wie Wirtschaftlichkeit, Landwirtschaft, Bildung und Gleichberechtigung ein. Für Befürworter von »Global Governance« ist der Bereich »nachhaltige Entwicklung« die perfekte Anlaufstelle, denn praktisch sämtliche Aktivitäten des Menschen beeinflussen die Umwelt auf die eine oder andere Weise. Und der Satz »Es ist zum Wohle des Planeten« eignet sich hervorragend als Grund, Mikromanagement für praktisch jeden Aspekt unseres Lebens zu betreiben.
Gehören Sie zu denjenigen, die es beunruhigt, dass die Vereinten Nationen weiter an Macht gewinnen? Der Gipfel im September ist dann ein Termin, den Sie unbedingt im Auge behalten sollten.

Dieses Treffen wird dermaßen stark beworben, etwas Vergleichbares habe ich noch bei keinem UNO-Umweltgipfel erlebt. Und was diese neue Agenda für Nachhaltige Entwicklung anbelangt – die ist praktisch eine Gebrauchsanleitung dafür, den ganzen Planeten zu managen.

Was steht denn nun drin in dieser neuen Agenda für nachhaltige Entwicklung? So wird sie auf der offiziellen Website der Vereinten Nationenerklärt:
Die Vereinten Nationen sind derzeit dabei, die Ziele für nachhaltige Entwicklung im Rahmen einer neuen Agenda für nachhaltige Entwicklung zu definieren, die die Aufgaben erledigen und dafür sorgen muss, dass niemand zurückgelassen wird. Diese Agenda soll beim Gipfel zur Nachhaltigen Entwicklung im September 2015 verabschiedet werden. Aktuell wird sie innerhalb der Generalvollversammlung der Vereinten Nationen beraten, Mitgliedsstaaten und Zivilgesellschaft steuern noch Input bei.
Die Post-2015-Agenda für Entwicklung wird federführend von den Mitgliedsstaaten vorangetrieben, wobei sich die Major Groups und andere Stakeholder der Zivilgesellschaft umfassend beteiligen. Es gab zahlreiche Beiträge zur Agenda, speziell eine Reihe von Zielen der nachhaltigen Entwicklung, die von einer offenen Arbeitsgruppe der Generalversammlung erarbeitet wurden, aus einem Bericht eines zwischenstaatlichen Expertengremiums für nachhaltige Entwicklungsfinanzierung, aus Dialogen der Generalversammlung zu Technologietransfer und vielen weiteren Quellen.
Nachfolgend führe ich die 17 Ziele zur nachhaltigen Entwicklung auf, die bislang vorgeschlagen wurden. Einige von ihnen erscheinen durchaus vernünftig. Gegen ein Ende der Armut hat wohl niemand etwas einzuwenden, oder? Aber je weiter man sich durch die Liste arbeitet, desto deutlicher wird, dass praktisch jedes Ziel sich auf die eine oder andere Weise einmischt.

Anders gesagt: Hier handelt es sich wirklich um eine Schablone für eine radikal ausgeweitete »Global Governance«. Die deutsche Fassung der Ziele stammt direkt von der Ständigen Vertretung Deutschlands bei den Vereinten Nationen:
1. Armut in jeder Form und überall beenden
2. Den Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern
3. Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern
4. Inklusive, gerechte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten des lebenslangen Lernens für alle fördern
5. Geschlechtergerechtigkeit und Selbstbestimmung für alle Frauen und Mädchen erreichen
6. Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle gewährleisten
7. Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und zeitgemäßer Energie für alle sichern
8. Dauerhaftes, inklusives und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern
9. Eine belastbare Infrastruktur aufbauen, inklusive und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovationen unterstützen
10. Ungleichheit innerhalb von und zwischen Staaten verringern
11. Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig machen
12. Für nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sorgen
13. Umgehend Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen ergreifen* 
(*in Anerkennung der Tatsache, dass die UNFCCC das zentrale internationale, zwischenstaatliche Forum zur Verhandlung der globalen Reaktion auf den Klimawandel ist)
14. Ozeane, Meere und Meeresressourcen im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung erhalten und nachhaltig nutzen
15. Landökosysteme schützen, wiederherstellen und ihre nachhaltige Nutzung fördern, Wälder nachhaltig bewirtschaften, Wüstenbildung bekämpfen, Bodenverschlechterung stoppen und umkehren und den Biodiversitätsverlust stoppen
16. Friedliche und inklusive Gesellschaften im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und effektive, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen
17. Umsetzungsmittel stärken und die globale Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung wiederbeleben
Sie sehen, diese Liste geht weit darüber hinaus, »die Umwelt zu retten« oder »den Klimawandel zu bekämpfen«. Die Maßnahmen berühren praktisch jeden Bereich des Lebens.

Und noch etwas ist neu bei dieser Agenda für nachhaltige Entwicklung: Sie hat die uneingeschränkte Rückendeckung des Vatikans, und zwar bis hinauf zu Papst Franziskus.

Das Kirchenoberhaupt wird sogar nach New York reisen und mit einer Rede am 25. September den Gipfel zu Nachhaltiger Entwicklung eröffnen:
Seine Heiligkeit Papst Franziskus wird die Vereinten Nationen am 25. September besuchen und zur Vollversammlung der Vereinten Nationen sprechen, und zwar unmittelbar vor der offiziellen Eröffnung des UNO-Gipfels, auf dem die Post-2015-Agenda für nachhaltige Entwicklung verabschiedet werden soll.
Dieser Papst hat sehr offen seine Einschätzung dargelegt: Für ihn zählt der Klimawandel zu den größten Bedrohungen, denen die Welt derzeit ausgesetzt ist. Erst vor wenigen Wochen empfing er im Vatikan den UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon, um mit ihm über Themen wie Klimawandel und nachhaltige Entwicklung zu sprechen. Hier eine Zusammenfassung des Treffens:
Am 28. April traf der Generalsekretär mit seiner Heiligkeit Papst Franziskus im Vatikan zusammen. Anschließend sprach er zu ranghohen religiösen Führern sowie den Präsidenten von Italien und Ecuador, Nobelpreisträgern und führenden Klimaforschern und Experten für nachhaltige Entwicklung.
Begleitet von einem ungewöhnlich schweren Gewitter kamen die Teilnehmer dieses historischen Treffens in Rom zusammen. Auf dem Gelände des Vatikans erörterten sie, was der Generalsekretär als »zentrale Herausforderung unserer Zeit« bezeichnete.
Schon allein die Tatsache, dass die religiöse Gemeinschaft und Klimaforscher zusammenkamen, ist eine Meldung wert. Es wird umso bemerkenswerter dadurch, dass dieses Treffen im Vatikan stattfand, dass es von der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften veranstaltet wurde und dass der Generalsekretär als Keynote-Speaker präsent war.
Papst Franziskus wird voraussichtlich im Sommer eine wichtige Enzyklika veröffentlichen, die sich in erster Linie mit der Umwelt und dem Klimawandel befasst. Hier, was die New York Times dazu schreibt:
Der in Latein verfasste Entwurf der heiß erwarteten Umweltenzyklika, die Papst Franziskus diesen Sommer herausgeben will, wird derzeit bereits in die wichtigsten Sprachen übersetzt. Das haben mir mehrere mit den Abläufen vertraute Personen in den vergangenen Wochen erklärt. Weiter bedeutet es auch, dass somit keine Änderungen am Text mehr vorgenommen werden.
Was können wir von diesem päpstlichen Rundschreiben erwarten? Ich glaube, einen guten Eindruck vermittelt uns ein anderes Dokument, das der Vatikan kürzlich veröffentlichte. Erstellt wurde es von der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften und der Päpstlichen Akademie für Sozialwissenschaften. Hier ein Auszug:
Konsum, der nicht nachhaltig ist, in Verbindung mit einer Weltbevölkerung in Rekordgröße und der Verwendung nicht angemessener Technologie stehen in kausalem Zusammenhang mit der Vernichtung der Nachhaltigkeit und der Widerstandskraft der Welt. Wachsende Schieflagen bei der Verteilung von Wohlstand und Einkommen, die weltweite Störung des physischen Klimasystems und der Verlust von Millionen von Arten, die das Leben aufrechterhalten, sind die drastischsten Manifestationen der mangelnden Nachhaltigkeit. Der anhaltende Abbau von Kohle, Öl und Gas nach dem Motto »Business as usual« wird schon bald schwere, existenzielle Risiken für die ärmsten drei Milliarden Menschen und für künftige Generationen erschaffen. Ein Klimawandel, der größtenteils aus dem nicht nachhaltigen Konsum von etwa 15 Prozent der Weltbevölkerung resultiert, ist zu einem beherrschenden moralischen und ethischen Gesellschaftsthema geworden. Noch bleibt Zeit, den unkontrollierbaren Klimawandel zu lindern und Schäden am Ökosystem zu reparieren. Dafür ist es erforderlich, dass wir unsere Haltung gegenüber der Natur und damit auch uns selbst gegenüber ändern. Klimawandel ist ein globales Problemund die Lösung wird davon abhängen, dass wir nationale Zugehörigkeiten hinter uns lassen und für das Wohl aller zusammenkommen. Ein derart umwälzender Sinneswandel würde helfen, die nötigen institutionellen Reformen und technischen Neuerungen voranzutreiben, die uns die Energiequellen liefern, deren Auswirkungen auf das globale Klima, auf die Luftverschmutzung und das Ökosystem vernachlässigbar sind. Dies würde zum Schutz künftiger Generationen beitragen. Religiöse Institutionen können und sollten eine Führungsrolle übernehmen, diesen Sinneswandel in unserer Haltung gegenüber der Schöpfung herbeizuführen.
Die Katholische Kirche kann nun, in Zusammenarbeit mit der Führung anderer Religionen, eine entscheidende Rolle dabei einnehmen, die öffentliche Meinung und öffentliche Mittel zu mobilisieren, um die Energiebedürfnisse der ärmsten drei Milliarden Menschen zu decken. Dies würde es ihnen ermöglichen, sich für die Folgen zu wappnen, die die unvermeidbaren Veränderungen an Klima und Ökosystemen mit sich bringen. Ein derart kühnes, humanitäres Handeln der geschlossen auftretenden Weltreligionen wird gewiss eine öffentliche Debatte darüber anstoßen, wie wir die im Rahmen der UNO-Ziele zu nachhaltiger Entwicklung priorisierten gesellschaftlichen Veränderungen im Wege nachhaltiger wirtschaftlicher Entwicklung für das 21. Jahrhundert integrieren können, eine Zeit, in der die Weltbevölkerung Prognosen zufolge zehn Milliarden Menschen oder noch mehr betragen wird.
Unter diesem Papst ist der Vatikan deutlich politischer geworden als zuvor und nachhaltige Entwicklung hat sich zum wichtigsten politischen Thema des Vatikans entwickelt.

Und ist Ihnen aufgefallen, dass die Rede von »geschlossen auftretenden Weltreligionen« war? Ganz offensichtlich glaubt man im Vatikan, man könne in aller Welt religiöse Führer mobilisieren und zur Mitarbeit daran bewegen, die »UNO-Ziele zu nachhaltiger Entwicklung« zu erreichen.

Haben die Vereinten Nationen und die größte religiöse Einrichtung auf diesem Planeten, die Katholische Kirche, jemals zuvor so eng kooperiert? Ich kann mich nicht erinnern.
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