Freitag, 9. Januar 2015

Anschlag von Paris



Keine Inszenierung ist zu blöd, um sie dem Publikum nicht noch einmal zuzumuten – was nicht bedeutet, dass dabei nicht wirklich Menschen sterben können. Auch am 11. September 2001 in New York oder am 7. Dezember 1941 in Pearl Harbor wurden schließlich Menschen geopfert. Ja, das ist sogar unbedingt nötig, um die Emotionen gegen den wahren oder vermeintlichen Feind hochzupeitschen. Apropos Inszenierung: Nachdem die New Yorker Zwillingstürme am 11. September 2001 in Schutt und Asche gelegt worden waren, fand sich auf der Straße doch glatt der Ausweis von dem angeblichen Flugzeugentführer Mohammed Atta. Ja, die Attentäter des 11.9.2001 verteilten ihre Ausweispapiere wie Konfetti in der Landschaft.

So wurde angeblich auch »der Führerschein von Ahmad al-Ghamdi, eines anderen der angeblichen Entführer, ›an der Absturzstelle des World Trade Center‹ gefunden«, heißt es auf dem Nachrichtenportal arbeiterfotografie, das den ganzen Katalog der seltsamen Funde zusammengestellt hat. So wurden laut Prozessunterlagen aus dem Verfahren gegen einen Verdächtigen auch noch weitere Papiere gefunden: »Ein vierseitiger Brief in Arabisch, identisch mit dem im Koffer von Mohammed Atta, der am Flughafen von Boston gefunden wurde, ein Bankscheck zugunsten einer Flugschule in Phoenix (Arizona), vier Zeichnungen des Cockpits einerBoeing 757, ein Teppichmesser, Straßenkarten von Washington und New York und ein Blatt mit Bemerkungen und Telefonnummern.«

Die Elefanten trampeln wieder

Der frühere Bundesminister und Buchautor Andreas von Bülow sprach in diesem Zusammenhang von »Spuren wie von einer trampelnden Elefantenherde«. Und nun trampeln sie schon wieder, die Elefanten. Einer der angeblichen Attentäter, die am 7. Januar 2015 Mitarbeiter des französischen Satireblattes Charlie Hebdo erschossen haben sollen, war nicht nur so korrekt, bei dem Anschlag seinen Ausweis dabei zu haben.

 
Darüber hinaus war er auch noch so freundlich, das Dokument im Fluchtwagen liegen zu lassen – wahrscheinlich, um die Ermittler nicht zu überfordern: »Charlie Hebdo-Killer vergaß Ausweis«, titelte dazu die Münchner Abendzeitung am 8. Januar 2015. Demnächst werden Attentäter wahrscheinlich auch noch vergessen, aus dem Fluchtwagen auszusteigen.
Ein Massaker im Namen des Islam?

Die offensichtlich gelegte Spur führte zu den beiden Brüdern Said und Cherif oder Sharif Kouachi (32 bzw. 34), die für die Medien sofort als Schuldige feststanden – genau wie Atta & Co. am 11. September 2001. »Die beiden Brüder Said und Cherif Kouachi sollen die französische Staatsbürgerschaft haben und aus Algerien stammen. Sie wurden in Kinderheimen groß, da ihre eingewanderten Eltern früh starben«, berichtete Focus Online am 8. Januar 2015. Staatliche Autoritäten hatten also von Kindesbeinen an Zugriff auf die Terror-Verdächtigen in spe. Irgendwas muss bei dieser staatlichen Erziehung also schief gelaufen sein. Oder gerade nicht? Denn andererseits wären die Waisen die idealen Zielpersonen für die Dienste gewesen. »Dass Cherif Kouachi Fitnesslehrer war, nebenbei studierte und gerne kiffte«, passt schließlich nicht ins Bild von originär radikalen Attentätern.

Kiffen, Fanatismus und militärische Präzisionsoperationen schließen sich normalerweise aus. Cherif habe sich selbst sogar nur als »Gelegenheitsmuslim« bezeichnet. Und dann ein Massaker im Namen des Islam? Nicht doch. Bekannte der beiden sagten denn auch der französischen Journalistin Céline Martelet, »dass sie früher Faulpelze waren... Einer der Brüder war naiv und beeinflussbar«. Das ideale Opfer für radikale Organisationen oder auch Geheimdienste – wobei beides ohnehin kaum zu trennen ist. Und: »Darüber, wie seine erneute Radikalisierung ablief, ist nichts bekannt« (Focus Online, ebenda).

Kein Unbekannter für die Polizei

Die inzwischen verdächtigten Terroristen kamen also nicht aus heiterem Himmel. Vielmehr haben sie die staatliche Obhut anscheinend nie verlassen. So waren sie auch keine Unbekannten für die Polizei, sondern wurden von dieser »überwacht« – mit durchaus mäßigem Erfolg, wie es scheint. Laut der französischen Zeitung Le Point war der Verdächtige Sharif Kouachi wegen seiner Verbindungen zu anderen Attentätern »bereits seit 2008 im Fokus der Ermittler«. Sharif Kouachi bewege sich »bereits seit sehr vielen Jahren auf dem Gebiet der Terrorgruppen. Nach uns zugänglichen Unterlagen ist der Hauptverdächtige des Anschlags aufCharlie Hebdo, bei dem am Mittwoch, den 7. Januar zwölf Menschen ums Leben kamen, ein enger Freund von Djamel Beghal, der 2005 wegen eines Attentat-Plans auf die US-Botschaft in Frankreich zu zehn Jahren Haft verurteilt wurde. Sharifs Name taucht in zahlreichen Verfahren auf, die das Bild eines gefährlichen Fanatikers zeichnen, der es bis heute geschafft hat, den Behörden durch die Lappen zu gehen.«

Kein Blut auf dem Asphalt

Nachrichtendiensten und Strafverfolgungsbehörden sei der Mann bestens bekannt gewesen. Mit anderen Worten kann man davon ausgehen, das Kouachi im Laufe dieser »zahlreichen Verfahren« vielfältige Kontakte zu Polizei und Nachrichtendiensten hatte, wobei ihm sicher der eine oder andere Vorschlag zur Zusammenarbeit unterbreitet wurde – zum Beispiel, bei irgendeiner Gelegenheit entweder als Täter oder als Sündenbock aufzutreten, um in bestimmten Verfahren Strafnachlass zu erhalten. Aber auch auf der anderen Seite des Anschlags, bei Charlie Hebdo,findet sich die Polizei. Auf einer Google-Maps-Streetview aus dem Jahr 2014 sieht man direkt am Eingang des Hauses Rue Nicolas Appert 10 einen Streifenwagen und zwei Polizeibeamte stehen.


Streifenwagen vor dem Eingang der Charlie-Hebdo-Redaktion

Entweder fand das Attentat also direkt unter Aufsicht der Polizei statt – oder diese war inzwischen aus unbekanntem Grund abgezogen worden. Beides wären keine vertrauenerweckenden Alternativen. An der so genannten »Bedrohungslage« der Provokateure von Charlie Hebdo hatte sich schließlich nichts geändert. Im Gegenteil: Immer noch schlugen die zeichnenden Provokateure unter die Gürtellinie und stießen die Religionen vor den Kopf.

Tatsächlich berichten die Medien davon, dass die Redaktion auch zum Zeitpunkt des Anschlags immer noch unter Polizeischutz stand. Die Frage ist nur: Wie konnten die vermummten Killer in Gegenwart dieses Streifenwagens dann erst in das falsche Haus laufen (Rue Nicolas Appert 6), um dieses Haus anschließend wieder zu verlassen und danach direkt vor der Kühlerhaube des Polizeifahrzeugs das Haus Nr. 10 zu betreten? »Vor der Eingangstür fällt ihnen die Zeichnerin Corinne Rey in die Hände, die gerade ihre Tochter aus dem Kinderhort abholen will« (RP Online, 7.1.15). In der mutmaßlichen Gegenwart der Polizei zwingen sie die Frau dazu, »den Sicherheitscode einzutippen, und dringen in die Redaktionsräume ein«.

Oder stand der Streifenwagen überhaupt nicht dort? Wenn aber nicht, würde auch das Fragen aufwerfen – denn warum sollte die Redaktion an diesem Tag unbewacht gewesen sein? Oder stand der Wagen zwar in der Rue Nicolas, aber etwas weiter weg? Da sich die Nr. 10 an einer Straßenecke befindet, könnte das nur heißen, dass das Polizeiauto mehr in Richtung von Nr. 6 gestanden haben muss – also da, wo die vermummten Täter zuerst eindrangen. Warum wurden sie also nicht schon dort gestoppt? Oder wurden sie tatsächlich bekämpft und gehörten die beiden erschossenen Polizisten zu diesem Bewachungsteam?

Dann stellt sich natürlich auch die Frage, wie die Attentäter vollkommen unbeschadet an ihnen vorbei kommen konnten – und wie die Polizisten in Wirklichkeit unbeschadet an den Attentätern vorbeikommen konnten. Denn ungeachtet der öffentlichen Verlautbarungen über tote bzw. schwerverletzte Polizisten am Ort des Attentats sagen die Videos etwas anderes. Trotz eines augenscheinlichen Kopfschusses aus nächster Nähe auf einen liegenden Beamten spritzt unter und neben seinem Kopf kein Blut auf den Asphalt.




Im Labor von Polizei und Diensten

Mit anderen Worten sieht es so aus, als hätte das Attentat direkt im Labor von Polizei und Geheimdiensten stattgefunden. Wie im Märchen von dem Hasen und dem Igel stand die Polizei auf beiden Seiten – auf der Seite der Terroristen und der Opfer. Auch die Attentäter selbst verhielten sich wie Polizisten – beziehungsweise wie die Angehörigen eines Sonderkommandos. »Die habenganz eindeutig eine militärische Ausbildung erhalten«, zitierteRP Online einen ehemaligen Antiterror-Fahnder: »Das waren keine Hitzköpfe, die waren vollkommen kaltblütig.«

Der deutsche Terror-Experte Rolf Tophoven meinte: »Der Anschlag scheint bis ins letzte Detail vorbereitet gewesen zu sein, inklusive der Fluchtwege« (Focus Online, ebenda). Man könne deshalb »davon ausgehen, dass diese Männer Profis seien und über eine militärische Ausbildung verfügten«, zitierte das Blatt Tophoven: »Die Angreifer in Paris waren ein perfekt organisiertes Exekutionskommando.« Und schließlich sahen die Attentäter auch wie Polizisten aus und traten in der professionellen Aufmachung von Sondereinheiten auf, wie sie auch bei der späteren Fahndung nach den Tätern beobachtet werden konnten.

Prima facie bestand zwischen Attentätern und Polizei also kein Unterschied. Aufgrund der Vermummung dürfte es überdies schwer fallen, Augenzeugen für die Täterschaft der genannten Verdächtigen zu finden und sie bei einer Gegenüberstellung mit Zeugen als Täter zu identifizieren. Wobei sich bei so viel Anonymisierung die Frage stellt, warum die Killer dann einen Ausweis mit sich führten und diesen anschließend auch noch im Fluchtwagen liegen ließen.

Es sei denn, Täter und Verdächtige waren gar nicht dieselben, und das Sonderkommando platzierte nach getaner Arbeit nur die Ausweise von Dritten im Auto. Aber warum liefen diese Profis vor dem Anschlag überhaupt unter viel Aufhebens in den falschen Eingang, um sich bizarrerweise nach der Redaktion von Charlie Hebdo zu erkundigen? Schließlich reicht ja heutzutage ein Blick in GoogleStreetview, um sich mit den Örtlichkeiten vertraut zu machen.

Der Grund kann nur darin liegen, dass die Akteure auf diese Weise versuchten, Zeugen und vor allem Handyvideos für das kommende Medienereignis zu produzieren. Denn wären sie konsequent professionell vorgegangen, hätte kaum jemand etwas von dem Anschlag mitbekommen, und die Welt müsste heute auf aufgeregte Erzählungen und unheimlich verwackelte Videos verzichten. Soaber teilten sie der Umgebung von vorneherein mit: »Passt mal auf, wir sind Attentäter und suchen die Redaktion vonCharlie Hebdo. Gleich wird’s dort etwas geben.«

Genau wie am 11. September lief die Medienmaschine danach wie geschmiert. Auf der Website von Charlie Hebdoerschien als einziger Inhalt eine PDF-Vorlage mit dem Slogan »Ich bin Charlie« in acht Sprachen, und die Betroffenheitsindustrie feierte neue Höhepunkte. »Die ganze Welt ist jetztCharlie Hebdo«, titelte Le Point im Rahmen dieser globalen Medienoperation. Schon am Abend des 7. Januar konnte man in der Google-Bildsuche Hunderte von Fotos finden, auf denen Menschen in aller Welt sich mit dem Schild versammelten. Die ganze Welt sollte sich mit den bereits in einem früheren Artikel beschriebenen Religions- und Islamhassern von Charlie Hebdo identifizieren und sich ihre Agitation zu eigen machen. Die ganze Welt soll künftig niveaulose Hetzer als Lichtgestalten des Journalismus verehren. Da kann man nur von Glück reden, dass der Anschlag nicht auf ein Mitglied der Punk-Band Pussy Riot verübt wurde. Sonst hätte es auch noch geheißen: »Ich bin eine Pussy«...


Eigene Anmerkung:

 Manchmal ist es gut, alte Fakten, die leicht in Vergessenheit geraten, mal wieder anzubieten: 


Weiterführendes:

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